Von Mai bis August 2025 ist der Künstler Jacob Lambrecht als Resident bei Air Berlin Alexanderplatz (ABA) in Berlin zu Gast – einem unabhängigen Recherche- und Residenzprogramm für internationale Künstler:innen. In dieser konzentrierten Arbeitsphase beschäftigt Lambrecht sich mit einem ungewöhnlich stillen, zugleich politisch brisanten Thema: Selbstverbrennungen als Akt des Protests.

Zentraler Ausgangspunkt seines Projekts ist die ikonische Fotografie des vietnamesischen Mönchs Thích Quảng Đức, der sich am 11. Juni 1963 aus Protest gegen die buddhistenfeindliche Politik der südvietnamesischen Regierung in Saigon öffentlich verbrannte. Die Auseinandersetzung mit diesem Bild markierte für Lambrecht den Beginn einer zweijährigen Recherche über ähnliche Fälle weltweit. Auf der Webseite ahistory.org versammelte Lambrecht diese Geschichten in einem digitalen Archiv, das sich jeder Hierarchisierung verweigert: Die Beiträge erscheinen zufällig, Leser:innen können kommentieren, assoziativ navigieren und eigene Fragen stellen.

Die Residenz bei ABA Berlin bietet Lambrecht die Möglichkeit, diesen Stoff nicht nur theoretisch aufzuarbeiten, sondern ihn künstlerisch, medial und sprachlich zu befragen – jenseits konventioneller Ausstellungsformate. ABA versteht sich bewusst als „hands-off“-Struktur, die den Künstler:innen maximale Freiheit lässt. Für Lambrecht, der bereits während seines Studiums am KASK in Gent und durch Residenzen und Praktika in u. a. Italien, Estland, und der Demokratischen Republik Kongo einen genreübergreifenden Ansatz entwickelte, ist das die ideale Umgebung.

Seine Arbeit ist geprägt von Präzision, Offenheit und einem tiefen Interesse an existenziellen Fragestellungen. Auf freejacob.com dokumentiert er seine Projekte und fügt auf dem Blog Tagebuchfragmenten ein, Texten und Videos. Auch auf seinem YouTube-Kanal gibt er regelmäßig Einblicke in seinen Denk- und Arbeitsprozess.

Zum Abschluss seines Aufenthalts bei ABA ist eine öffentliche Veranstaltung in Planung – voraussichtlich ein Workshop oder eine performative Präsentation, die später angekündigt wird.

Lambrechts Haltung zur Kunst ist ebenso persönlich wie grundlegend: „Die Absicht der Kunst ist es, zu leben und ein bedeutungsvolles Leben zu führen“. Die kommerzielle Kunstindustrie, die ständig neue Produktionen verlangt, lässt ihn eher kalt. Stattdessen verfolgt er eine künstlerische Praxis, die mit einem erfüllten Leben im Einklang steht – etwa durch sein wachsendes Interesse an traditioneller chinesischer Medizin und Akupunktur als zweites Standbein.

Jacob Lambrecht (*2001, Waregem) ist ein bildender Künstler mit einem interdisziplinären Hintergrund in Mode, Installation und konzeptueller Medienkunst. Nach seinem Studium am KASK in Gent entwickelte er eine grenzüberschreitende Praxis zwischen Video, Text, Performance, Radioarbeit und kritischer Recherche. Er war u. a. Resident bei der Fondazione Antonio Ratti in Como (Italien), bei VARES „Spatial Activism“ in Valga (Estland) und bei der Residenz Oltrepasso in Osacca (Italien). In Lubumbashi (Demokratische Republik Kongo) arbeitete er fünf Monate lang im Centre d’Art Waza, wo er im Rahmen einer Radiosendung den spirituellen Alltag in seinem Umfeld dokumentierte. 2023 gewann er mit seiner performativen Videoarbeit „Jan Jambon stomach examination (What’s inside?)" einen Jurypreis der ArtContest in der Maison des Arts in Brüssel. Zu seinen jüngsten Projekten zählen eine Radioproduktion, ausgestrahlt durch Freie Radios Berlin-Brandenburg, Kassel und WORM Rotterdam sowie eine bevorstehende Teilnahme am Maumaus Independent Study Program in Lissabon im Jahr 2026.