Henry van de Velde (*1863 in Antwerpen - †1957 in Zürich) war ein flämischer Architekt und Designer von internationalem Rang. Sein umfangreiches Œuvre umfasst Gemälde, Grafik, Architektur und Textilien. Ebenso entwarf er Möbel, Schmuck und kunsthandwerkliche Objekte aus Metall – etwa Kerzenhalter und Bestecke. Auch Arbeiten aus Porzellan und Keramik gehören zu seinem vielseitigen Schaffen.

Neben seiner gestalterischen Tätigkeit war van de Velde auch als Theoriker, Schriftsteller und Typograph aktiv – ein wahrer Universalgeist des frühen 20. Jahrhunderts. Obwohl sein Name in kunsthistorischen Kreisen seit Langem bekannt und geschätzt ist, und seine Werke auf Auktionen hohe Preise erzielen, bleiben viele Fragen offen. Dazu zählen die Entstehung, Datierung und der historische Hintergrund einzelner Objekte.

Um diese Lücke zwischen Wertschätzung und gesichertem Wissen zu schließen, arbeitet seit 2001 ein wissenschaftliches Team der Klassik Stiftung Weimar am Werkverzeichnis Henry van de Velde. Die Zuschreibungen basieren nicht nur auf stilistischen Merkmalen, sondern werden durch Quellen wie Rechnungen, Briefe oder historische Fotografien sorgfältig belegt.

Bisher sind drei Bände erschienen: zu seinen Metallarbeiten (2009, vergriffen), zu Textilien (2014) und zu Keramiken (2016). Derzeit widmet sich das Projekt dem Möbelwerk van de Veldes. Seit August dieses Jahres werden die gesammelten Daten schrittweise online veröffentlicht. Nach Abschluss dieser Forschungsphase ist eine gedruckte Publikation in Form eines Doppelbands geplant.

Ein Blick in die Zukunft: Der sechste und abschließende Band des Werkverzeichnisses wird van de Veldes Raumkunst gewidmet sein. Im Zentrum stehen seine ganzheitlichen Raumkonzepte – etwa die von ihm entworfenen Wohnhäuser für seine Familie. Van de Velde dachte Räume stets im Zusammenhang und gestaltete sie als Gesamtkunstwerke. Ziel dieses letzten Bandes ist es, diese Raumensembles zu rekonstruieren und heutigen Kunstinteressierten die Pracht und Wirkung jener Zeit neu erfahrbar zu machen.